“Wer betrügt, der fliegt !”

Nein, die CSU meint nicht den Steuerbetrüger Ulrich Hoeneß, der immer noch in Amt und Würden ist beim FC Bayern. Der honorige Aufsichtsrat, u. a. mit dem ehemaligen CSU-Ministerpräsidenten Stoiber besetzt, steht zu ihm. Es soll bei Hoeneß um 3,2 Millionen gehen. Aber was ist das schon gegen den (angeblich) drohenden Kollaps der Sozialsysteme wegen der Armutsflüchtlinge aus Bulgarien und Rumänien, wie es die CSU darstellt. Es sind die Roma gemeint, manche sagen auch noch Zigeuner, denen unterstellt wird, sie würden „fortgesetzten Missbrauch der europäischen Freizügigkeit durch Armutszuwanderung“ betreiben.

 

Rassistische Lügenmärchen

Die CSU redet hier nicht nur so daher, sie meint es ernst: „Wer betrügt, fliegt!“ Die CSU-Landesgruppenchefin in Berlin, Gerda Hasselfeldt: „Der Zustand, dass man sich durch Betrug Sozialleistungen erschleicht und nach einer Ausweisung wieder einreisen kann, muss beendet werden“. Und der bayerische CSU-Innenminister Herrmann kündigt gleich mehr verdachtsunabhängige Personenkontrollen im tschechischen Grenzgebiet an.Dass die Fakten zu den Horrormeldungen gar nicht passen, das stört die CSU nicht.

Die wenigsten wissen, dass die überwiegende Mehrheit der Einwanderer einen Job hat und zum Teil sehr gut ausgebildet ist. 55 Prozent haben einen Hochschulabschluss. Das ist höher als der Durchschnitt bei den Deutschen. Hunderttausende qualifizierter Kolleginnen und Kollegen aus Süd- und Osteuropa arbeiten in Deutschland, die in ihren Heimatländern fehlen. Diese haben ihre Ausbildung bezahlt, Staaten, die angeblich andauernd über ihre Verhältnisse leben und denen das Sparen beigebracht werden müsse.

Nur 10 Prozent der eingewanderten Rumänen und Bulgaren beziehen Hartz- IV, das sind 0,6 Prozent aller Hartz-IVEmpfänger. Viele verzichten sogar auf ihre Ansprüche. Die Masse zahlt in die Sozialkassen ein. Doch die Lügenblätter verbreiten Vorstellungen von kinderreichen Roma-Familien, die hier die Kinder zum Stehlen oder Betteln schicken und außerdem Kindergeld kassieren. Sie unterstellen, dass Rumänen und Bulgaren es generell auf Sozialbetrug abgesehen hätten.

Es stimmt auch nicht, dass Menschen nach Deutschland kommen können und dann ein Anrecht auf Hartz IV hätten. Aber ein pauschaler Leistungsausschluss, wie es das deutsche Sozialrecht vorsieht, verstößt gegen EU-Recht. Die CSU tut nun so, als ob „die in Brüssel“ mal wieder die Deutschen zahlen lassen wollten. Die Regelung betrifft jedoch alle EU-Länder.(1)

Übrigens ist nicht Bayern besonders betroffen, sondern hauptsächlich Städte des Ruhrgebiets. Wenn Familien mit ihren Kindern sprichwörtlich auf der Straße stehen, dann leisten dort viele Kommunen Hilfe und haben dadurch Schwierigkeiten, die Kosten für Krankenhilfe und Unterkünfte aufzubringen. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl nahm dies zum Anlass, Maßnahmen gegen Sozialmissbrauch und Armutsmigration zu fordern, anstatt finanzielle Unterstützung für diese Kommunen zu verlangen.

Wer profitiert? Wer zahlt drauf?

Die sogenannte Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU, die nach siebenjähriger Wartezeit jetzt seit dem 1. Januar 2014 besteht, haben im Übrigen nicht die osteuropäischen Staaten durchgesetzt, sondern das geschah im Interesse der Unternehmer hier, die stets neue billige Einwanderer suchen. Diese müssen oft für Hungerlöhne und unter elenden Bedingungen arbeiten. Sie werden in schlechten Massenquartieren untergebracht. Viele müssen sich als Tagelöhner anbieten, und es kommt vor, dass man sie noch um ihren mickrigenLohn betrügt. Die Unternehmer haben den Vorteil billiger Arbeitskräfte und können den Druck auf die Arbeiter hier erhöhen. Für die Einwanderer gibt es Repression und Hetze, gegen die sie sich nicht wehren können.

Die Aussage „Deutschland ist der Gewinner“ der neuen Freizügigkeit ist trotzdem falsch. Gewinner sind die Unternehmer in Deutschland. Aus ihren Reihen wird die CSU inzwischen auch kritisiert, weil für sie Einwanderung ein Vorteil ist. Die Ursache der Einwanderung liegt bei der anhaltenden Wirtschaftskrise in Europa, die selbst in Ländern wie Italien und Spanien zu horrenden Arbeitslosenzahlen geführt hat. Die Wirtschaft in Bulgarien und Rumänien hatte schon vor 2007, dem Jahr des EU-Beitritts, genug Probleme. Mit dem EU-Beitritt kam die Schließung vieler Fabriken, die nicht mehr konkurrenzfähig waren, kamen Sparmaßnahmen und Abbau der Sozialleistungen. Die Länder sollen Absatzmarkt für deutsche Waren sein.

Die Probleme, die daraus entstehen, sollen sie gefälligst allein lösen! Zur deutschen Exportwalze – die durch Dumpinglöhne hier möglich wurde – kommt noch die politische Bevormundung, die Spardiktate Privatisierungen und folgenden Massenentlassungen. Es profitieren die Banken und Unternehmer auf Kosten der Bevölkerung dort wie hier! Alle sollen die Krise bezahlen, nur nicht die, die sie verursacht haben!

Wahlkampfgetöse

All das weiß die CSU ganz genau. Aber sie weiß auch, dass sich mit rassistischen Hetzkampagnen Wahlkämpfe gewinnen lassen. Es geht darum, die neue Konkurrenz der „Alternative für Deutschland“ auszustechen. Und es geht darum, die Arbeiter und Angestellten zu spalten, Angst zu schüren vor einem drohenden Strom von Arbeitskräften, die die Deutschen unterbieten und ihnen die Arbeit wegnehmen würden. Es geht darum, dass die Wut sich auf die Einwanderer richtet statt auf die, die von ihnen profitieren. Die CSU will verhindern, dass die Kolleginnen und Kollegen sich mit den Einwanderern solidarisieren und dass sie den gemeinsamen Gegner erkennen. Übrigens erwartet das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung einen nur sehr mäßigen Zuzug.

Die Hetze mit der “Armutseinwanderung” zeigt das rechtsradikale Potential der CSU. Bei der NPD heißt es “Rente für die Oma statt für Sinti und Roma”, die CSU drückt es nur anders aus. Wenn sie es für ihren Machterhalt für nötig halten, gehen Figuren wie Seehofer so weit nach Rechts, dass man sie von Faschisten nicht mehr unterscheiden kann.

rem.

(1) Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofsdürfen sie Sozialleistungen nur verweigern, wenn hr Bezug „unangemessen“ sei, was im Einzelfall zu rüfen sei. Die Bundesregierung will dies vermeidenund einfach Bulgaren und Rumänen pauschal davon asnehmen.

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Übernommen von Auf Draht, der gemeinsamen Betriebszeitung von DKP und Gruppe KAZ, München, über das DKP-Nachrichtenportal news.dkp.de